1265 – 1336
dem käme, das ich sage, zu Gesichte:
auf daß ers nach bedünken mich
berichte:
Gruß in ihr aller Herren: das
ist Minne.
Es waren schon beinächst die
vollen Terzen
der Zeit von jedes Sternes
größtem lichte,
da mir der Minnen Gott kam zu
gesichte,
und graust mich noch, so ichs in
mir besinne.
lustig bedeuchte er mich, und
war, als hab er
mein Herze in Hende und tät in
armen Weisen
Meinfrauen schlafende in ein
Tuch geschlagen.
Die weckt er, und dies
glühende Herze gab er
ichr schüchternen demütiglich
zu speisen:
hierauf sah ich ihn ziehn und
Thränen klagen.
und höret was ihn machte zu
einem armen:
er höret frauen schrein das
gotterbarmen
dieweil ihn bitter weh durch
die augen rinnet,
dar um daß schnöder Tod nun
hat getrieben
an edlem Herzen sein verrucht
gewerbe
da von was all die Welte pries
verderbe
und nicht wann nur ihr Adel
ist geblieben:
vernehmet was ihr ehren bot
Amor,
wann ich ihn sahe in
wahrlicher Gestalt
beklagen das verblichen bilde
zarte,
und blickete gen Himmel ofte
empor
da war zur edlen seele schon
bestallt,
die fröhlich war zu sehn und
froh gebarte.
schwermütig ob der Fahrt, so
mich nicht freute,
fand ich den Minnen Gott in
Pfades Mitten
mit losem angethan wie
Pilgersleute.
Er deuchte mich so
jämmerlicher Sitten
alse ihn verlorner
Herrlichkeit gereute;
seufzend in Sinnen tief kam er
geschritten
und hing die Stirne, nicht zu
sehn an Leute.
Da er mein ansah, rief er mich
bei namen,
und sprach, „von fernem Ziele
komm ich gangen
dein Herze hieß ich sein an
diesem Ziel,
und trags zu dienen in ein
neues Spiel-“
Da machte er mich sein also
viel empfangen,
daß er verschwand, eh mir die
Sinne kamen.
Mein Spotten helfet ihr den
andern Frauen
andenkend, Fraue, wannen das
ergehe
daß ich als neu ein Bilde für
euch stehe
als ofte ich kommen bin eur
schöne Schauen
könnte auch Barmherzigkeit
sonst nicht getrauen
gewappnet wider mich zu stehn
als ehe:
dieweil der Minnen Gott in
eurer Nähe
greift mich als dreiste und
als mit zuvertrauen,
daß er durch mein verzageten
Geister störe,
schlägt den, und jenen stößt
er aus der Kammern
und bleibet eine euch an zu
sehen hin;
drum ich vertauschet in wen
andern bin;
doch also nicht, daß ich nicht
dannoch höre
die qualen der verstoßen und
ihr Jammern.
wenn ich euch, Schöne Freude,
schauen geh;
und bin ich dort, hör ich den
Herrn der minnen
der sagt: „Entfleuch, und thut
dir sterben weh!“
die Minne trägt des Herzen farbekranken
das taumelnde um sich greifet,
ob es steh,
und durch die trunkenheit im
grossen Wanken
ist als die steine schrien
„Vergeh vergeh!“
Wer dann mich sieht, er
stündet sich vor Gott,
der die verlorne Seel nicht
auferrichte,
und wärs zu Zeichen nur, ihn
Reue mein,
durch Herzerbarm, der tötet
euren Spott
und wächset aus der toten
Angesichte
der Augen, die des Todes
wollen sein.
wie dunkel ein Wesens Minne
mir verfaßte;
und reuet mich des also daß
ich faste
da spreche „ist auch ein
ander, als ich bin?“
denn mich berennt der Minne
Herre gach
also daß mir des Lebens als
gebristet –
ein Geist alleine ist, der
sein Wesen fristet,
und der beleibt drum daß er
von Euch sprach.
So zwing ich mich, und trachte
mich erquicken.
und als erstorben, aller
tüchte bloß
komm ich für euch, zu heilen
das mir fehlet;
und heb ich auf die Augen mein
zu blicken,
beginnet mir im Herzen stoß
und tos
der schafft dem Pulse, daß er
sich entseelet.
als es der Weise an dem
Gedichte sprach,
und ist so eines ohn die ander
Sach,
als wie vernünftge Seel
Vernünfte freie.
Ihm gibt Nature, so sie
minnegeret,
den Minnen Gott; und herze ihm
zu gemach,
dar inne er schlafende ist und
wird nicht wach;
daß ofte kurze und ofte lange
währet.
an steten Weiben schöne liebet
dann
also den Augen, daß dem Herzen
inne
ein Sehnen nach dem lieblichen
beginne;
und währet also lange in ihme
etwan
daß es erwecken mag den Geist
der Minne;
und also schafft in Frauen
stolzer Mann.
In Augen thut Meinfraue Minne
tragen,
da durch sie edelet alles das
sie sichtet –
kommt sie: man ist nach
ihr her um gerichtet,
und wen sie grüßet, thuts
durchs Herze schlagen,
daß er die Stirne hangend,
ganz vernichtet,
all sein Gebrechen seufzende
muß klagen –
Jähzorn verstummt vor ihr und
Hoffart flüchtet:
Helfet, ihr Frauen, all ihr
Lob zu sagen.
Allrhande Demut, alle süße
Reue
wird innig dem, der höret, das
sie spricht;
darum ist selig, der sioe
erste ersache;
wies anzusehen sei, wanns ein
wenig lache, -
es sagt sich nicht, und es
gedenkt sich nicht:
also ists adeliges Wunder
neue.
Ihr, so demütige Geberde
traget,
und die Augen nieder schlaget
als durch Peine,
von Wannen kommt ihr? daß euch
so versaget
die Farb, und eitel jammer
dran erscheine?
habt ihr Meinfraun gesehen da
die Reine
die Wangen badt durch Liebe
die sie klaget?
sagt mirs, ihr fraun; wann
mirs das Herze saget;
denn ich euch nichts an seh,
das sei gemeine.
und seid ihr ja von solchen
Jammer kommen,
beliebe euch hie bei mir zu
stehn etwas,
bis ich es alles das ihr ist,
vernommen.
Ich seh eur Augen, die sind
Tränen nass
und seh euch so entstellet
wieder kommen:
meuin Herze erzitteret, an zu
sehn all das.
von unsrer Fraun, und sprach
zu uns allein?
die Stimme an dir ist wohl als
wär sie sein;
doch die Gestalt ist wie von
ander Leuten.
Ach, von was weinestu also von
Herzen
daß wer dich an gesähe ihn
jammre dein?
Sahst du sie weinen? daß nicht
möge sein
verhalten länger dein Gemüte
in Schmerzen?
Weinende gehn laß uns, und
schwere tragen:
„Er sündet sich wers ja
vertrösten wölle“,
in Weinen hörten wir sie also
sagen:
Ihr antlitze ist also des
Jammers Hölle
daß welche es recht zu schaun
hätt mögen tragen,
die hätt sich tot geweint da
auf der Stelle.
sehnlichen Geist der ruhte in
Schlafe dort;
da sahe ich kommen mir den
Minnen Hort
und kannte ihn kaume, er trug
so frohe Wangen.
Der sprach: „Nun laß mich Ehre
an dir empfangen“,
und war ein loses Lachen all
sein Wort;
und stund nicht lang bei mir,
da blickt ich fort
der Gassen nach dann er war
kommen gangen,
und sahe da fro Vannen und fro
Bisen
her zu gehn eben gegen mich
und diesen
erst eine und nach die ander
wunderreichen.
Und als mich das bescheidet
die Vernunft,
sprach Minne: „jene heißet
Meien Kunft
und diese Minne – also thut
sie mir gleichen!
Meinfraue sich, und dem sie
grußes beut:
daß jede Zunge zitternd ist
geschweiget,
und daß kein Auge hin zu sehn
geträut;
da geht sie hin, wie sich höre
preisen,
tief in der Güte, und Demut
all ihr Kleid,
und ist als wärs ein Ding, in
diese Zeit
kommen von Himmele, Wunder zu
beweisen.
dünket so lieblich den, der
sie betrachte,
daß ihm durch Augen Süße ins
Herze rinne,
die nie verstünde, der sie
nicht erführe;
und ist als ob sich von ihr
Lippen rühre
irgend ein Geist gelinde und
voller Minne,
der fliegt, und saget zu der
Seelen: „Schmachte“.
Geht her vernehmen all die
Seufzer mein,
ihr edeln all, wann also wills
erbarm:
als welche von mir fahren
Trostes arm,
und wärens nicht, mich tötete
die Pein;
denn ach! Mein Augen würden
stellen ein
wohl zu viel öftern maln, denn
ichs begehre
Meinfrauen so zu weinen, daß
die schwere
durch Zähren möchte mir
gesänftet sein.
Ihr sollt sie rufen hören zu
viel malen
die edel Frauen mein, - die
stieg ehgestern
zur Welte die ihr hehren art
gebühret, -
und unterweilen dieses Leben
lästern
in Namen einer armen Seel in
Qualen
die all ihr Seligkeit auf eins
verlüret.
sich thet in euren Mienen
offenbaren,
da ihr das stehn ersahet und
Gebaren
des ich da lange pflag durch
meinen Harm.
Ich habs gewahret, wie ihr da
bedacht
wie dunkel ein Leben mir nun
sei verhangen:
also daß in mein herze kam ein
langen
euch zu entdecken alle mein
Ohnmacht,
und hub mich von euch fort,
die weil ich sehnen
empfand, als ob sich Zähre in
Herzen hüben
das aufgerühret worden durch
eur schauen:
Ich sprach hernach zu meiner
Seelen trüben:
„Wol jene Minne ist heimlich
dieser Frauen,
die mich geschaffen also gehn
in Tränen.
befing niemals so wundersam
ein Frauen
Antlitze nur durch hin und
wieder schauen
auf edele Augen und betrübtes
Weinen,
als wie das euer, als oft als
zu Gesicht
euch kommt mein Mund
verschlossen und beklommen
also, das etwas nun ist in
mich kommen,
da fürcht ich fast, daß mirs
das Herze bricht.
Ich wehr es nicht den Augen so
zerrüttet
daß sie sich mancher malen vor
euch zeigen
durch durst, sich zu ergießen
wie ein Brunnen –
Und ihr thut also ihn ihr
Willen steigen
daß sie von Sehnen sind wie
ausgeschüttet:
doch vor euch Weinen ist das
sie nicht kunnen.
Das bittre Tränen, das ist
euch geschehen,
ihr Augen mein, durch also
lange Zeit,
hat Tränen machen, als ihr oft
gesehen
auch ander Menschen durch
Barmherzigkeit.
Nun dünket mich ihr möchtets
schier vergessen
wär ich ein solcher schelm an
meinem Teile
und Führe nicht durch euch,
und mahnte euch dessen
das ihr beweintet so lange
Weile.
Eur Eitelkeit macht mich
bedenken tragen,
und schreckt mich also daß ich
faste scheue
das antlitze einer Frauen, die
eur achtet:
ihr dürftet nie, eh denn der
Tod euch dräue
der Frauen, die da tot ist, euch
entschlagen –
so spricht in mir das Herze
mein, und schmachtet.
Edler Gedank der von euch weiß
zu sagen,
kommt mich besuchen je und je
daher,
und süße also von Minnen redet
er,
daß sich das Herze schon will
zu ihm schlagen.
Die Seele spricht zum Herzen: „Wer
ist der,
der trösten kommet unsern Sinn
in Klagen,
und ist sein Kraft so mächtig
und sein Wagen,
daß anders nicht besteht vor
seiner Wehr?“
Das Antwort ihr: „O Seele in
den Gedanken,
dies ist ein neuer junger
Geist von Minne,
drin seine Sehnesüchte zu mir
schweben,
und all seine macht und all
zumal sein Leben
hub sich aus Augen der
Erbarmerrinne,
die sich betrübet hat um unser
kranken!“
aus trüben Sinnen, sind die
beiden Augen
geschlagen daß sie fürderhin nicht
taugen
ein Weib, das nach ihn blicket,
anzusehen.
und stehn als zweene sehnliche
Beginne
zu weinen, und ein Leiden zu beweisen,
und weinten schon so sehre, daß
ihn Minne
als märtelkronen schuf von blutigen
kreißen.
Gedanken und die Seufzer ausgetrieben
werden im Herzen mir ein solch
ertoben,
daß Minne drinnen wankt; so muß
ihrs leiden:
Drum daß sie innen tragen voller
Schmerzen
Meinfrauen süßen Namen eingeschrieben
und da zu wort genug von ihrem
Scheiden.
Ah Pilgerim die ihr in Gedanken
reiset,
leicht um ein Ding das euch hie
nicht vor handen –
und kommet ihr von also fernen
Landen,
als ihr bei der Gebärde mir beweiset?
Wie weinet ihr nun nicht, und da
eur kommen
geschiehet durch die mitten Stadt
der wehen?
und seid ja noch wie solche an
zu sehen,
so gar nicht von ihr Kümmernis
vernommen!
Verweilet ihr und wollt ihr hören
klagen:
Wahrlich, mir sagt das Herze in
Seufzer gießen
daß ihr in Tränen kommen sollt
von dann.
diese hie hat verloren ihr Biatrisen,
und Wort das einer möchte von ihr
sagen
hat macht, die andre weinen machen
kann.
fährt mein Erhauch von Herzen anbeginne:
Erfahrenheit um ein neu Ding, das
Minne
weinende ihm eingab, zücket ihn
ins Freiste.
so er gelanget dar er sehnede reiste
sieht er ein Frauen solcher Ehren
inne
und liehte erhöhet, daß ob ihrem
Brinne
in Blicke ein Staunen wird dem
Pilgrim Geiste.
sieht sie also, daß wenn er michs
bewiesen,
ichs nicht vernehmen mag, er spricht
so mißlich
zum schweren Herzen, das ihn reden
thut:
Daß er die Edle meinet, ist mir
gewißlich
drum daß er oft gemahnet an Biatrisen,
ihr Frauen teure: und da versteh
ichs gut.